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AutorenbildChristoph Janssen

Newsletter Update vom 10. April 2024

Schon etwas mehr als einen Monat ist seit meinem Rennstart in Rhodos vergangen, und ich denke es ist an der Zeit, um die vergangenen 17 Renntage in 6 verschiedenen Ländern genauer zu reflektieren.


Im Voraus möchte ich die vielen grossartigen Begegnungen, Gespräche und Erfahrungen herausheben. Ob mit meinen Teamkameraden, anderen Fahrern im Peloton oder Velointeressierten Zuschauern, ich genoss es sehr Kontakte zu knüpfen und andere Ideen und Kulturen kennenzulernen.


Gerade in der Organisation, der Kommunikation und generell dem Teamplay innerhalb unserer Mannschaft wurden wir zu Beginn der Rennsaison vor die grösste Herausforderung gestellt. Aufgrund des mangelnden Budgets und der teils fehlenden Übersicht unserer Teamleitung aus Kanada, wurden wir als Mannschaft doch öfters vor zusätzliche Schwierigkeiten gestellt. In Rhodos wurden unsere Rennräder des Öfteren in den Duschen gereinigt, da der gemietete Mechaniker eine etwas andere Vorstellung von einem "sauberen Velo" hatte als wir Fahrer. Auch in der Verpflegung wurde es manchmal eng, aber wir fanden auch dort Abhilfe und füllten unsere Bidons anstelle von isotonischen Getränken mit herkömmlichem Zucker und einer Prise Salz.


Nichtsdestotrotz sehe ich hier aber auch unsere grösste Stärke im Team. Egal welche organisatorischen Herausforderungen uns bevorstanden, durch gemeinsame Inputs von Fahrern und Staff fanden wir für jede Situation eine Lösung. Das schweisste auch uns Fahrer stärker zusammen, und wir waren von Rennen zu Rennen stets besser gruppiert, kommunizierten miteinander und waren in den entscheidenden Momenten richtig positioniert. So schaue ich nun mit Vorfreude auf die kommenden Rennen, da ich weiss, es ist nur eine Frage der Zeit, bis das nötige Rennglück auf unserer Seite steht und wir endlich auf dem Podest stehen werden.


Persönlich konnte ich auch einiges aus den vergangenen Wochen mitnehmen. Gerade in der Planung muss ich mich neu orientieren. Anfang des Jahres war ich mit der Mentalität "je mehr Rennen, desto besser" gestartet und hatte mich für alle möglichen Renntage eingeschrieben. Rückblickend war das ein Fehler, gerade in den steilen Anstiegen in Rhodos oder jetzt auch bei den Bergetappen in der Türkei fehlen mir die körperlichen Voraussetzungen, um ganz vorne mitzufahren. Entsprechend macht es mehr Sinn, in Zukunft Rennen zu wählen, die meinen Stärken entsprechen, um dann auch wirklich mit Ambitionen auf ein Resultat am Start stehen zu können.


Sportlich konnte ich auch einiges lernen, wie schon im letzten Jahr verschwende ich immer noch viel zu viel Energie in den Rennen. Es fällt mir schwer, einfach untätig mitzufahren und mich fürs Finale zu schonen. Ich habe immer das Gefühl, etwas zu verpassen oder bei der entscheidenden Gruppe nicht dabei zu sein. In diesem Punkt muss ich lernen, auch mal zu pokern und mir zu sagen: "Egal, es ist nicht an mir, das Rennen zu gestalten und weder die Fluchtgruppe zu forcieren noch die Lücke zu dieser zu schliessen". Es gelingt mir aber mit jedem Rennen besser, die Situation im Feld zu lesen und meine Energie gezielter einzusetzen.


Trainingstechnisch habe ich vor allem einen wichtigen Punkt bezüglich meiner täglichen Stretching-, Mobility- und Rumpftrainings. Diese sind fester Bestandteil meines Trainingsalltags. Im Rennalltag habe ich bisher aber darauf verzichtet, um meine Kräfte zu sparen. Das war ein Fehler. Als ich nach dem Block in Rhodos und dem darauf folgenden in Portugal nach 14 Tagen wieder ins Training einstieg, war ich lange von Muskelkater und leichten Rückenschmerzen geplagt. So habe ich nun beschlossen, auch an Renntagen stets meine gewöhnliche Routine durchzuziehen, egal wie "kaputt" ich bin.


Abschliessend noch ein paar Gedanken zur mentalen Gesundheit. Es ist unglaublich, mit welcher Resonanz eine positive und motivierte Ausstrahlung auf das Umfeld hat. Es freute mich extrem, als verschiedene Teamkameraden und auch andere Personen mich darauf ansprachen. Es gibt mir persönlich unglaublich viel zurück, wenn ich sehe, dass meine Ausstrahlung auch den Personen in meiner Nähe Energie und Motivation spendet. Ich werde mein Bestes geben, um dieses Mindset beizubehalten. Persönlich hatte ich etwas mit dem neuen "Profi-Status" zu kämpfen. Plötzlich hatte ich keinen geregelten, bis auf die letzte Minute verplanten Tagesablauf mehr. Es fiel mir schwer, meinem Körper auch mal etwas Ruhe zu gönnen und die Zeit "unproduktiv" zu verbringen. In diesen Situationen plagt mich oft ein schlechtes Gewissen. Ich fühle mich, als ob ich mir selbst verpflichtet bin, stets 110% an meinem Ziel zu arbeiten und gar keine Zeit habe, um "nichts" zu machen. Mir wurde aber klar, dass schlussendlich nur diese Phasen der Erholung, des "Nichts", den Körper und den Geist langfristig, nachhaltig stärken.


Nun gut, das war schon wieder ein langer Artikel. Ich danke allen, die sich die Zeit nehmen und meine Beiträge bis zuletzt durchlesen.


Gruess u bis gly



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